Es ist heute auf den Tag genau 10 Jahre her, das ich meinen gelernten Traumberuf LKW Fahrer nach 23 Jahren aufgegeben habe und als Quereinsteiger in die dänische Industrie gewechselt bin. 8 Jahre lang war ich in einer Fabrik für Holzverpackungen, mit Schwerpunkt Paletten- und Transportkistenbau. Dort hat man mir als ungelernter Hilfsarbeiter die Chance gegeben mich weiter zu entwickeln, welche ich auch gut genutzt habe. Irgendwann gab es einen neuen Fabrikchef, mit dem ich nicht so gut konnte. Auch machte mir die Knochenarbeit mehr und mehr zu schaffen, so daß ich mich anderweitig umgesehen habe. Jetzt bin ich als Logistik- und Lagerarbeiter in einem Hochregallager einer Fabrik, wo wir Plastik und Gummiteile herstellen für namenhafte Unternehmen in ganz Europa. Meine Aufgaben sind sehr vielfältig, von Gabelstapler fahren, Kommissionieren, administrative und logistische Aufgaben und Be- und Entladen von LKW’s. Warum Dänemark? – Weil in Deutschland ja ohne Facharbeiterbrief, Kurse und theoretische Ausbildung man ja nichts kann und doof ist. Selbst 24 Jahre Berufserfahrung mit abgeschlossener Ausbildung zum Berufskraftfahrer sind weniger wert als ein Lagerarbeiterlehrling, ohne mich.
Das, was jetzt an Fahrern von den großen namenhaften Spediteuren kommt, da kann man teilweise echt nur noch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Hauptsache billig, sprechen können sehr viele weder deutsch, englisch, dänisch oder sonst eine westeuropäische Sprache. LKW fahren geht grad so vorwärts, Körperpflege ist überbewertet und Ladungssicherung ist auch egal. Ich bin echt froh, das ich mir beruflich mit denen die Straße nicht mehr teilen muss. Gerade jetzt, während der Coronakrise, wo Raststätten geschlossen sind, Toiletten nicht zugänglich, Essen beschaffen auch eine Herausforderung ist, ist mir eines sehr deutlich bewusst geworden, nie, nie wieder LKW fahren.
Vor 7 Jahren hatte ich folgender Bericht veröffentlicht, passt immer noch:
Angefangen habe ich 1987 zunächst als Lehrling zum Berufskraftfahrer. Den Führerschein, damals noch Klasse 2, habe ich 1989 im Rahmen der Ausbildung mit Sondergenehmigung gemacht. Die Sondergenehmigung musste sein, weil ich damals eben erst 18 Jahre alt war und der LKW-Führerschein eigentlich erst mit 21 Jahren und 2 Jahren PKW-Führerschein gemacht werden kann. Meine Ausbildung zum Berufskraftfahrer dauerte 2 Jahre und ist dabei deutlich umfangreicher, als die vom Arbeitsamt angebotene Schnellumschulung zum ausgebildeten Kraftfahrer, mit ohne Ahnung in 3 Monaten. Fertig war ich im Sommer 89 – seitdem fahre ich LKW. Seit 1991 bin ich in Dänemark als Chauffør angestellt und fahre europaweite Touren. Bis auf Griechenland hab ich alle westeuropäischen Länder besucht, in Osteuropa eigentlich nur Polen, Tschechei, Slovakei, Ungarn und Rumänien, da mir im Osten eigentlich überhaupt nichts gefällt, kann ich den Rest auch getrost von meiner Wunschliste streichen.
8 Jahre lang war ich im Bereich Spezial- & Schwertransport tätig. Die Arbeit mit aussergewöhnlichen Gütern ist deutlich interessanter, als das einfache Fahren von a nach b. Weil Tür auf, Ladung rein, Tür zu, Abfahrt – sollte eigentlich jeder können. Beim Schwertransport hingegen sind die Fahrzeuge schon speziell für die jeweiligen Ladungen gebaut oder modifiziert. Jede Fahrt mit einem Schwer-, Großraum- oder Sondertransport muss extra genehmigt werden und ist mit vielen Beschränkungen versehen, z.B. vorgeschriebener Fahrtweg, Begleitfahrzeug, Geschwindigkeit, Polizeibegleitung und Zeiten, in denen gefahren werden darf. Bei Fahrten, die durch mehrere Länder führen, wird es so richtig interessant, weil die Genehmigungen und Vorschriften unterschiedlicher nicht sein könnten. EU ist toll, nichts funktioniert oder passt zusammen, aber jeder will mitmachen und irgendwas Sinnloses bestimmen.
Als Fahrer wird man viel mehr gefordert, da man ja nicht wie ein normaler LKW am Strassenverkehr teilnehmen kann. Beim Abbiegen müssen oft Schilder, Ampeln und was sonst noch so überall rumsteht entfernt werden, um den nötigen Platz zu bekommen. Auch den Begleitfahrern müssen wir blind vertrauen, da wir durch die Ladungsabmaße in den Fahrzeugspiegeln oftmals weder die Seiten oder das Ende des Fahrzeuges sehen können. Deswegen dauert das Abbiegen meist sehr lange, weil man alles im Schneckentempo machen muss, um Schäden zu vermeiden. Da auch beim Thema Begleitfahrzeug jedes Land versucht sein eigenes Süppchen zu kochen, kommt es hier durch Verständigungsschwierigkeiten, auch des öfteren mal zu Missverständnissen. Aus Eigenerfahrung weiß ich, das so manchem nicht bewußt ist, was oder wieviel Tonnen da vor ihm herfahren und warum so langsam. Auf Grund der Sicherheit und Einhaltung von Genehmigungen sind wir öfters mal gezwungen vom Begleitfahrzeug Überholverbote setzten zu lassen. Da viele Anhänger zwangsgelenkt sind und auf Lenkbewegungen der Zugmaschine reagieren, kann es durchaus mal passieren, das das Fahrzeugende bei einer Lenkbewegung gerne mal 1 Meter oder mehr ausholt. Beim Abbiegen natürlich weitaus mehr, da wir die Lenkung im Anhänger auch manuell bedienen können bis 10Km/h, um auch enge Kurven und Abbiegen zu schaffen. Und ein PKW, der nur schnell mal irgendwie mit Gewalt vorbei will, ist auch schnell mal zerdrückt. So ein bisschen dünnes Autoblech merkt man als Lenker von vielleicht über 100to nicht wirklich. Nachdem ich in 2005 nur noch an 19 Wochenenden zuhause war, davon einige nur 24 Std. lang waren, habe ich entschieden, das meine Ehe wichtiger ist als ferne Länder.
Hauptsächlich bin ich jetzt seit 2006 in Dänemark unterwegs, ganz selten, so 2 – 3 mal im Jahr fahre ich nochmal nach Norwegen oder Schweden. Nach 19 Jahren auf internationalen Touren kreuz und quer durch Europa habe ich mehr oder weniger die Lust daran verloren, meine Wochenenden irgendwo zwischen Nordcap und Gibraltar zu verbringen. Klar, waren auch schöne Erfahrungen dazwischen, wie Baden in Italien oder den spanischen Mittelmeerküsten, Bootstouren im französisch/spanischen Grenzgebiet usw. usw. usw. Leider aber Überwiegen doch die eher langweiligen Aktivitäten wie rumgammeln auf Raststätten. Jeder, der mal im südeuropäischen Hochsommer im KFZ in Italien oder Spanien unterwegs war, wird wissen, das 40 Grad ohne Lüftchen eher ne Tortur sind, als ein entspannendes Wochenende zum Erholen, wie der Gesetzgeber glaubt. Dann doch lieber Fahren und dabei in den Genuss einer Klimaanlage kommen. Am schlimmsten ist mittlerweile doch, das man beim Schlafen nicht mal mehr ein Fenster einen winzigen Spalt auflassen kann, weil man Angst haben muss, das man Vergast und Ausgeraubt wird. Da ich auch in Dänemark Wochenweise unterwegs bin und nur selten mal in der Woche Zuhause schlafe, haben wir auch Vollaustattung in den Fahrzeugen, wie z.b. Großraumfahrerhaus, Klimaanlage, Standheizung mit Motorvorwärmung, Kaffeemaschine, Mikrowelle, Kühlschrank, Leder, Alcantara, Flachbildschirm, DVD, usw. usw. usw. Es ist mir persönlich ein Riesenrätsel, wie einige Firmen ihre absolut minderwertigen und menschenunwürdigen ausgestatteten Fahrzeuge im Fernverkehr einsetzten können. Lebensqualität steht auch LKW-Fahrern zu. In Deutschland nochmals als LKW-Fahrer zu arbeiten kommt für mich jedenfalls nicht mehr in Frage. Miese Fahrzeuge, Lohndumping und das Verlangen von übertreten der Gesetze gehört ja mittlerweile genauso zum normalen Umgang wie die Behandlung als Mensch 3ter Klasse. Nein Danke.
Die Überschrift könnte eigentlich auch heißen “vom König der Landstrasse zum Sklaven” oder “LKW fahren früher und heute”. Nachdem ich nun 23 Jahre lang als LKW-Fahrer im internationalen und nationalen dänischen Verkehr unterwegs war, habe ich langsam aber sicher immer mehr die Lust am Fahren verloren. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich in meinen Anfängen drüber geflucht habe, wenn man stundenlanges Sitzen an Zollämtern mal wieder fast unerträglich fand oder man eine Telefonzelle suchen musste, um sich die nächste Order zu holen. Aber im Großen und Ganzen war das Ganze viel ruhiger als heutzutage.
Früher, zu meiner Anfangszeit als Fahrer, gab es keine Mobiltelefone und jeder Grenzübertritt war mit Wartezeit beim Zoll verbunden. Auf der anderen Seite hatten wir Fahrer damals noch deutlich mehr Zeit und Ruhe. Ein LKW zu kontrollieren war für die Disposition ja nur möglich, wenn wir uns mal gemeldet haben. Damals konnte man, wenn es beim Be- oder Entladen oder halt auch an den Grenzen schnell ging, mal etwas Zeit zum Baden, Bummeln oder Klönschnacken raus kitzeln. Die Spediteure und Fuhrunternehmer haben noch gutes Geld am Transport verdient und dementsprechend ging es uns Fahrern auch gut. Dann kamen so langsam die ersten Mobiltelefone in die Fahrzeuge, im ersten Moment ja eine wirklich tolle Erfindung. Wir brauchten nicht mehr auf Raststätten fahren oder bei Kunden nach einem Telefon zu betteln. Man war das super bequem. Heutzutage kann man die kleinen Handys schon fast manchmal verfluchen. Zum einen ist man eigentlich für die modernen Sklaventreiber immer erreichbar, die komischer Weise immer dann anrufen, wenn man grad mal aus dem LKW raus will oder Pause hat. Und zum anderen kann ich es absolut nicht vertragen, wenn man mal in Ruhe was essen möchte, das es ständig piepst, bimmelt oder sonst was. Besonders potenzschwache Zeitgenossen legen aus oder wegen ihrer extremen Unwichtigkeit ständig ihre Taschenterrors auf den Speisetisch. Ich hasse solche Spinner.
Grenzen gibt es in der EU ja fahrtechnisch nicht mehr. Schön, man kann sich die zeitraubenden Stopps sparen und viele Kilometer an einem Tag fahren. Das haben auch Disponenten schnell gelernt, seitdem ist noch ein Stück Ruhe und Kollegialität auf der Strecke geblieben. Egal wo und an welche Grenze man kam, einen Bekannten oder Landsmann zum Schnacken und Essengehen hat man eigentlich fast immer getroffen. War irgendwie auch gemütlich. Heutzutage ist alles so knapp geplant, das man schon gerne 700 eher 800 Kilometer am Tag oder halt in der Nacht schaffen muss. Meist kommt man dann nach ner nervigen Parkplatzsuche auf so einen kleinen Parkplatz, ohne alles mit eckeleregendem Klohäuschen zum stehen und kann sich nicht mal menschenwürdig waschen. Obendrein muss man aus Angst vor kriminellen Banden, die Fahrer mit Gas betäuben und Ladung und/oder Privatsachen aus der Kabine klauen wollen, alle Fenster geschlossen halten, auch bei 35 Grad im Schatten. Das war früher auch mal anders…
Das Tollste was es gibt ist ja Satellitenzeugs, angefangen bei GPS, welche kaum für die Bedürfnisse von LKW ´s geeignet sind, da die kleinen Teile weder Brücken, Durchfahrtshöhen, Gewichtsbegrenzung und und und kennen. Obendrein ist die neueste Generation Fahrer meist auch zu dumm sich ne Strecke zu merken oder ne Karte zu lesen. Dann gibt es da ja noch die Satelittenüberwachung, ganz tolle Erfindung. Es soll ja Firmen geben, die nichts besseres zu tun haben, als die Fahrstrecken ihrer Fahrer zu überwachen und zu kontrollieren. Bei der kleinsten Abweichung klingelt dann sofort das beliebte Telefon. Auch Zeiten-, Lade- und Ruhezeiten lassen sich damit überwachen, also ist morgens mal ne Stunde länger Schlafen, wenn man am Abend zuvor mal ein Glas Wein oder ein Bier mit einem netten Zeitgenossen hatte, auch nicht mehr möglich. Die eh schon unterbezahlten Sklaven sollen ja auch Malochen und sich nicht auf Amüsierfahrt begeben. 50-70 Arbeitsstunden pro Woche sind ja nun auch wiederum nicht so viel. Oder? Nö, ist nicht zuviel, am Wochenende darf man sicher noch nen Fahrzeugcheck machen und selbst waschen…
Und zu guter Letzt der Lohn. Lohn ist das, was seit Jahren bei den meisten Fahrern im Gegensatz zu den meisten Arbeitern und Angestellten, nicht bis kaum gestiegen ist. Seit der Krise ist auch noch Lohndumping dazugekommen, friss oder stirb halt. Und viele müssen fressen, grad Alleinverdiener, die sich abstrampeln und vielleicht ihr kleines Häuschen und ne Familie durchzubringen. Der Ottonormalarbeiter kann nicht verstehen, was es bedeutet, wenn ein Fahrer Sonntagabends wegfährt und erst am Freitag oder Samstag darauf müde von einer 75 Arbeitsstunden Woche heimkommt und im Monat grad mal 1500 Euro Brutto bekommt. Ich kann es wiederum verstehen. Jeder, der mal auf einer Raststätte Essen war, wird sich ausmalen können, wie weit man mit 16 Euro Spesen am Tag kommt. Obendrein dürfen viele Kollegen die staatlich verordneten Ausgaben für den Arztbesuch ab dem 50. Lebensjahr, die regelmäßige Erneuerung für die digitalen Fahrerkarten für den Tachografen oder die jetzt neu vorgeschriebene EU-weite Fahrerschulung (Kosten sollen bei ca. 500 Euro liegen) die innerhalb von/alle 5 Jahren erneuert werden muss, tragen und auch noch 5 Tage Urlaub verschlingt. Woher sollen die Fahrer das Geld noch nehmen?
Sorry liebe Chefs, auch wenn euch das Wasser bis zum Hals steht, das ist immer noch kein Grund seine Angestellten mit Füssen zu treten und zu schikanieren. Schaut euch doch einmal die Fahrzeuge an, in denen ihr Fahrer leben lasst, da hat so mancher Dackel im Verhältnis mehr Lebensraum und Luxus. Ich habe gehört, das es auch Exemplare aroganter Firmeninhaber geben soll, welche während eines Aufenthalts in der Klappse wochenlang sich um nix kümmern und hinterher den bösen Fahrern für alles die Schuld geben, wenn sie dann von 6 LKW 5 LKW verkaufen müssen und massig Schulden ansammeln. Peinlich find ich auch diejenigen, welche die Ex-Angestellten um ihr sauer verdientes Urlaubsgeld bescheissen wollen. Naja – für sowas gibt es ja funktionierende Gewerkschaften. Ihr braucht euch auch nicht zu wundern, wenn die Krise überstanden ist und der Aufschwung kommt, das Ihr keine erfahrenen Fahrer mehr bekommt.
Ich für meinen Teil habe seit längerem mich nach einem Ottonormaljob umgeschaut, weil ich keinen Bock mehr, auf das zum Teil oben geschriebene, hatte. Ich kann jetzt berichten, das ich recht viel Glück hatte und Anfang Mai als absoluter und in dieser Branche recht unerfahrener Quereinsteiger einen Job in einer Fabrik für Holzverpackungen aller Art mit dem Schwerpunk Euro- und Spezialpaletten in Dänemark bekommen habe. Mir macht die Arbeit Spaß, auch wenn das zu Anfang recht ungewohnt war, jeden Tag zur Arbeit zu fahren und nach 7,5 Std wieder Heim. Ich werde sehr gut behandelt und verstehe mich bestens mit meinen neuen Arbeitskollegen, die sich viel Mühe geben mich an den verschiedenen Produktionslinien und diversen Sägen anzulernen und ab und zu bin ich dort auch als Gabelstaplerfahrer tätig. So schnell werden die mich jedenfalls nicht mehr los. Ich habe jetzt zwar 15% weniger in der Lohntüte, dafür aber auch 34 – 37 Stunden statt als Fahrer zwischen 60 und 80 Stunden Arbeitszeit. Aber immer noch mehr als z.b. ein Fernfahrer in Norddeutschland.
Nach 23 Jahren on the Road ziehe ich jetzt die Freizeit und eine faire Behandlung am Arbeitsplatz vor. Das LKW-Fahren, das einmal mein großer Traum gewesen ist, vermisse ich kein bisschen.
Ach ja ich vergaß, selbstverständlich wird der Fahrtenschreiber auf Pause gestellt beim stundenlangen Warten auf die Zuteilung einer Be/ Entladerampe und späterem SELBST BE/ENTLADEN bei großen Discountern und ähnlichen Betrieben, wo der Fahrer noch fremde Lagerarbeit ausführen muss äh darf…
Anbei noch ein paar Bilder aus über 20 Jahren Truckerleben.